Wallfahrtskirche Mariahilf Neumarkt
Am Mariahilfberg 1
92318 Neumarkt
Tel.: +49 9181 4760-0
E-Mail: info@mariahilfberg-neumarkt.de
Der Hochaltar, ein Werk von Johann Ulrich Wiest (Wüst, siehe Künstlergeschichte) von 1755, wächst über einer Mensa mit vergoldeten Rokoko-Ornamenten in einer kraftvollen Altararchitektur nach oben. Ein Säulen- und Pilasterpaar an den Außenseiten führt zum Aufsatz, der bis in die Gewölbezone reicht. Eine bewegte, reich marmorierte Rahmenarchitektur umschließt das Mittelfeld. Dieses enthalt das vergoldete Tabernakelgehäuse mit einem edlen Kreuz in der Mittelnische; beiderseits anbetende Engelsgestalten, darüber das Lamm Gottes in Silber, das auf dem Buch mit den sieben Siegeln ruht, von zwei Putten und Vasen flankiert.
Die Gegenwart des eucharistischen Christus hat so dem „Zelt Gottes unter den Menschen“ (Offb 21,3) in der Sprache des Rokoko Gestalt gegeben.
Vor einem Silberwolkenfeld mit vielen Engelsköpfchen wird die Mitte des Altares sichtbar, das kostbar umrahmte Gnadenbild, das zwei Engel halten.
Seit dem Jahre 1977 besitzt die Wallfahrtskirche einen Zelebrationsaltar von Prof. Hermann Jünger (vergleiche „Die bildenden Künstler“). Er ermöglicht es, im Geiste der Liturgiereform des Vatikanums II. das eucharistische Opfer dem Volke zugewendet zu feiern. Der Silberaltar hat die Form eines kostbaren Tisches (Urkennzeichen für den Ort des eucharistischen Geschehens) und verweist durch einen großen Bergkristall, ein Symbol der Reinheit und Jungfräulichkeit, mit dem Marienmonogramm auf die Sonderthematik des gesamten Raumes. In der Bescheidenheit der Dimensionen, der Einfügung in die prächtige, schon vorgegebene künstlerische Ausstattung und durch die eigene Aussage in der Sprache von heute wird der Altar von selber zur liturgischen Mitte des Heiligtums.
Man darf den Chor nicht verlassen, ohne auf das Stuckprogramm des Chorgewölbes zu achten. Hier finden wir die Altarthemen im Stuckornament fortgesetzt. Sieben steil ansteigende Kalottenfelder enthalten von unten nach oben Kartuschen, darüber Medaillonbilder (aus dem 19. Jahrhundert) mit folgenden Anrufungen aus der lauretanischen Litanei (von links nach rechts):
Die Freskenmedallions werden von Putten getragen und von Bandelwerk umrankt.
Zehn Putten des Chorstuckes tragen Leidenswerkzeuge (von links nach rechts): Zange, Hammer. Nagel, Schwamm, Würfel, Geißelrute, Geißelsäule, Peitsche, Speer und Dornenkrone. Sie bilden die Überleitung zur Passionsthematik.
Diese wird auf fünf Feldern in origineller Weise durch fünf Tiersymbole fortgeführt:
Alle Tierbilder beziehen sich auf den leidenden und in der Eucharistie sich opfernden Erlöser.
Die Inschriften unter den fünf Tiersymbolen unterstreichen sehr aussagekräftig nochmals diese Thematik:
Zuletzt konzentrieren sich die Stuckmotive des Chores auf das Dreieckssymbol der Dreifaltigkeit auf Goldgrund im Zenit des Gewölbefeldes.
Die beiden Seitenaltäre stammen aus der Zeit der Bauvollendung (1727). Sie werden aus stilistischen Gründen dem Neumarkter Schreiner und Bildhauer Wirsing zugeteilt und greifen die Passionsthematik des Kalvarienberges nochmals auf. Der linke Seitenaltar entfaltet im Rokoko-Altarblatt das Leidensthema mit der Darstellung der Annagelung Christi. Die Brutalität, mit welcher ein Henker den rechten Kreuzesarm annagelt, wird von Maria, Johannes und Magdalena im Bildhintergrund schmerzlich miterlebt. Eine Bergkulisse schiebt sich aus der Bildtiefe in die Komposition herein.
Links des Altarblattes steht die Figur des heiligen Johannes Nepomuk mit Kreuz, des zweiten Patrons der Oberpfalz, des heiligen Franz Xaver, des großen Missionars aus dem Jesuitenorden. Der Engel im Bild des Aufzuges zeigt die Kreuzesinschrift, von zwei Putten mit Speer und Ysopschwamm flankiert.
Auf dem Altartisch steht ein stilistisch angepasster, holzgeschnitzter Aufsatz (1942), der in einem Medaillonbild den heiligen Josef mit dem Jesuskind zeigt. Das Antependium trägt im Hinblick auf den bis zum Tod gehorsamen Gekreuzigten unter einem Puttokopf auf einem Spruchband die Inschrift: Knecht Gottes.
Der rechte Seitenaltar zeigt auf dem Altarblatt, das gleich dem linken in seiner höfischen Eleganz der Rokokozeit zuzusprechen ist und vermutlich mit dem Rokoko-Hochaltar1755 ebenfalls ein Vorgängerbild ablöste, die schmerzhafte Gottesmutter beim Abschied von ihrem Sohn vor der Grablegung. Wir können das Thema „Beweinung Christi“ nennen. Rechts oben im Bildhintergrund sieht man drei Kreuze, wohl eine Anspielung auf den Kalvarienberg von Neumarkt. In den Bildvordergrund schiebt sich eine dunkle Wolke mit Bergkulisse, vor der Maria den Leichnam ihres Sohnes noch einmal in die Arme schließt. Zwei weiße Tauben tragen ein Spruchband mit dem Klageruf: „Oh Mater. Ah fili“, das heißt „Oh Mutter, ach Sohn!“.
Die rechte Schnitzfigur des Altares stellt Johannes den Ev. mit einem Kelch, die linke Maria Magdalena mit einem Salbgefäß dar. lm Aufzug mit Akanthusschnitzwerk zeigt ein Bild einen Engel mit dem Schweißtuch der Veronika, die flankierenden Putten tragen je einen Nagel des Kreuzes. Der Aufsatz (1942) umrahmt hier ein Bild der heiligen Theresia vom Kinde Jesus, die dem Karmelitenorden angehörte.
Das Antependium, 1977 geschnitzt, trägt unter einem Engelskopf auf einem Schriftband in Entsprechung zum linken Altar die Aufschrift: Magd des Herrn. Der korbbogenartige Triumphbogen enthält seit 1977 eine Wappenkartusche: in der Mitte ein Feld für das Marlen-Monogramm, flankiert von dem Stadtwappen von Neumarkt (Reichsadler) und dem bayerischen Landeswappen (weißblaues Rautenfeld), das heißt Maria ist die Schutzfrau der Stadt Neumarkt und die Patronin des bayerischen Landes.
Den zweitwichtigsten Akzent für die Feststimmung des Kircheninneren setzt der Stuck des Langhauses. Die Überleitung von den Wandpilastern zum Flachgewölbe übernehmen Doppelkapitelle mit Stuckfiguren der vier großen abendländischen Kirchenlehrer:
Es sind urwüchsige Gestalten voll erfrischender Kraft und Bäuerlichkeit.
Die Fenster zeigen eine außergewöhnlich reiche Stuckumrahmung. Bandelwerk unter dem Gesims verbindet sich mit aufsteigenden profitierten Bandmustern und Voluten, die in die Gewölbezone überleiten. Die Stuckdecke wird durch breite Gurten in drei Joche mit Stichkappen über den Fenstern gegliedert. Sie enthält in der Mittelachse drei neuere Fresken: im vorderen Joch die Darstellung der Engelsverkündigung an Maria, von dem Neumarkter Maler Johann Koller (um 1875/76), im Mittelfeld ein Fresko der Geburt Christi, signiert von Sigmund Spitzner, Parsberg (1939), und im hinteren Joch die Darstellung der in Gen 3.15 verheißenen und von den Vätern und Propheten (Adam und Eva, Abraham und David) geschauten Heilbringerin, die mit ihrem Spross der Schlange den Kopf zertreten wird (von einer unbekannten Hand des 19. Jahrhunderts).
lm Gegensatz zu diesen mittelmäßigen Leistungen erstrahlt der Stuckdekor mit seinem Laubwerk, seinen Bänder- und Brokatmustern auf blaugrauem Grund mit roten Feldern und reichen Goldrahmen in einer faszinierenden Pracht. Ein Engelkonzert mit Bläsern und Streichern wird von zwölf Putten vorgeführt. Die weißen Stuckengel mit goldenen Flügeln musizieren paarweise auf goldenen Instrumenten. Dies sind (von vorne nach hinten): Fanfaren, Hörner, Geigen, Flöten, Oboen und Fagotte. Diese musikalische Themenausweitung bildet die Überleitung zur Empore mit der Orgel.
Während die beiden Eckeinbauten vor der Nordwand als Treppenaufgänge konzipiert sind, schwingt über dem freien Mittelfeld, von zwei Karyatiden, hier tragenden Männergestalten, gestützt, die Emporenbrüstung in den Raum aus und präsentiert noch einmal eine Stuckdekoration von hoher Qualität. In der Mitte der Brüstung zeigt eine von zwei Putten flankierte und ornamental gerahmte Stuckkartusche das von Strahlen umgebene, von einem Schwert durchbohrte und mit einem Dornenkranz umwundene Herz Marias (1976 von Toni Mayer, Mindelheim). Darunter wird ein Fresko „Die Heimsuchung Martens“ (Nazarenerzeit) von einem Netz mit Bandelwerk, Pflanzenmotiven, Silbervasen und Engelsköpfchen umrahmt.
Das originelle Orgelgehäuse von 1755 erhielt 1977 durch die Schweizer Orgelbaufirma M. Mathis & Söhne, Näfels, ein Werk mit mechanischer Traktur und 14 Registern (740 Zinn- und Holzpfeifen) von überraschender Klangfülle. Wenn diese Orgel erklingt, der Gesang der Gläubigen den Raum erfüllt oder klassische Barockmusik die Feier der Eucharistie festlich begleitet, lässt sich ermessen, was das barocke Gesamtkunstwerk liturgisch erstrebt: die Vereinigung der irdischen Liturgie mit der des Himmels.
Unter den übrigen Ausstattungsgegenständen beansprucht die Kanzel zur Linken Beachtung. Mit dem Kanzelkorb sind die Gestalten der vier Evangelisten in Stuck-Vollplastik verbunden. Die Figuren gleichen in ihrer Treuherzigkeit und Vitalität denen der vier Kirchenväter auf den Pilastern des Langhauses. Der Schalldeckel hat die ungewöhnliche Gestalt eines Reifens mit darüber gespanntem Brokatstoff, dessen überhängende Girlanden und Quasten in eleganter Aneinanderreihung von Putten gehalten werden. Über dem Schalldeckel tragen zwei Engel eine Krone. Vasen und Pflanzenornamente vervollständigen den Dekor, der in einem Dreieckssymbol der Dreifaltigkeit seinen Abschluss findet.
Gegenüber der Kanzel steht eine Kreuzigungsgruppe: Christus mit Maria und Johannes. Sie wurde 1927 nach einer barocken Vorlage in München geschnitzt. Die barocken Beichtstühle, aus der Zeit des Bauabschlusses (um 1727), werden von gedrehten Pilastern umrahmt und mit Schnitzwerk bekrönt. Die Ovalbilder zeigen Bußmotive: den guten Hirten, den verlorenen Sohn, den reuigen Petrus und die büßende Magdalena.
Zur weiteren Ausstattung gehören auf der linken Langhauswand eine Nachbildung einer Schutzmantelmadonna nach alter Vorlage, am rechten Emporenpfeiler das Rokokobild „Maria vom guten Fiat“ und am linken ein Marienbild „Zur schönen Mutter Gottes“. Die beiden letztgenannten Bilder wurden aus der Pfarrkirche Sankt Johannes 1977 hierher gebracht.
Die Wangen des Kirchengestühles zeigen üppiges Akanthuswerk aus der Zeit um 1727. Das gleiche gilt auch für das Chorgestühl beiderseits des Hochaltars. Sechs Kristall-Lüster, in einer Sonderanfertigung von der Firma Zahn, Wien 1977 erstellt, erhöhen die Festlichkeit des Raumes.
Das den Vorraum abschließende kunstvolle Eisengitter mit reich vergoldeten Abschlussstäben stammt aus der Erbauungszeit. Zur Innenausstattung der Wallfahrtskirche gehörten bis 1975 vier spätgotische Tafelbilder mit den marianischen Themen: Geburt Christi, Anbetung der Weisen, Darstellung im Tempel und Entschlafung Mariens. Das vorletzte trägt die Jahreszahl 1487. Die wertvollen Tafeln wurden während des Baues des Ludwigskanals von Ingenieur und Regierungsrat von Hartmann der Wallfahrtskirche geschenkt. Sie befinden sich nunmehr in der gotischen Johanneskirche, da sich in dem wiederhergestellten Barockraum keine ausreichenden Wandflächen hierfür finden, während sie dort stilistisch „beheimatet“ sind.